8. Bericht aus Rumbek, 10. September 2006 Seit mehr als einem Monat bin ich wieder in Afrika und bei der Arbeit in Rumbek. Bei meiner Rückkehr wurde ich sehr freundlich von den Einheimischen begrüßt, am lebhaftesten von den Kindern, die mir entgegen gelaufen kamen und mir regelrecht zujubelten. Dann standen sie in Gruppen am Zaun, hielten Ausschau und riefen meinen Namen "Martin Lor Akaja". Gerne habe ich kleine Softbälle und Luftballons ausgeteilt, die meine Schwester für sie gekauft hatte. Deborah, eine unserer Hausangestellten, kam mir entgegengestürzt, umarmte mich und senkte das Haupt, um sich von mir, Brother Martin, segnen zu lassen, was ich selbstverständlich gerne und ohne Umschweife tat. Ja, man wächst mit der Aufgabe!
Bevor
ich aber weiter von hier berichte möchte ich kurz auf die Zeit in
Deutschland zurück blicken. Zu der Wiedersehensfreude bei der
Rückkehr nach einem Jahr gesellten sich auch Spott und Häme. Ich hatte
mir ja kurz vor der Abreise aus Rumbek selbst mit 'nem Hammer einen
Schneidezahn abgeschlagen, ein gefundenes Fressen für die Freunde (Wer
die zu Freunden hat, der braucht keine Feinde mehr!). Es standen einige
Sitzungen beim Zahnarzt an. Dieser hat gute Arbeit verrichtet, ich
bin zufrieden und die Dinka staunten nicht schlecht.
Es ist inzwischen auch das Schulgeld an den staatlichen Schulen generell abgeschafft worden. Eine gute Maßnahme im Sinne der Bildungsmöglichkeiten der Kinder. Leider haben die Schulen damit noch weniger Geld als bisher, die Lehrer arbeiten weiterhin ohne Gehalt und leben von der Hand in den Mund. Darunter leiden natürlich deren Arbeitsmoral und die Qualität des Unterrichts. Ich überlege ihnen finanziell etwas zu helfen. Denn was nützten schöne neue Schulgebäude mit Schlussanstrich, wenn die Lehrer weglaufen, weil sie sich einen bezahlten Job suchen müssen? Aber ich bleibe konsequent und gebe denen, die etwas leisten können, nichts umsonst, keine Almosen. Ich nehme die Lehrer in die Pflicht, um sie stärker in das Bauprojekt einzubeziehen. Sie können mir helfen hier und da etwas Geld zu sparen! So machen sie sich bezahlt! Aktuell haben wir leider ein Problem mit der Schulverpflegung durch das Welternährungsprogramm WFP. Wegen andauernder Verhandlungen um neue Arbeitsverträge streiken die kenianischen und ugandischen Mitarbeiter des Außendienstes seit vielen Wochen. Anträge, die Anfang April zu Beginn des Schuljahres gestellt wurden, wie der von Mabor Ngap, werden nicht bearbeitet, weil keine Projektbesichtigungen durchgeführt werden können. Diese Profis machen ihrem Ruf als UNmenschen alle Ehre! Von der Diözese von Rumbek habe ich einige Lebensmittel zur Überbrückung von vielleicht drei Wochen für die Schule bekommen. Das Getreide muss allerdings gemahlen werden, was recht kostspielig zu werden drohte. Diese Aufgabe habe ich an die Lehrer delegiert, und siehe da, sie schaffen es für kleines Geld! Ein herzlicher Dank an Hansa Rostock! Mit den Waren aus Nairobi sind auch Trikots vom deutschen Bundesliga Verein FC. Hansa Rostock (leider in dieser Saison 2. Bundesliga. Wir drücken die Daumen für einen schnellen Wiederaufstieg!) eingetroffen, die für die Fußballmannschaft der Deng Nihal Primary School bestimmt sind. Diese Sachspende geht auf Berichte über diese Schule und das Problem der Kindersoldaten zurück. Hansa Rostock hatte erfreulicher Weise die Trikots in Größe XXL geschickt, genau passend für die groß gewachsenen Dinka-Grundschüler, die ja wegen der im Krieg versäumten Schuljahre jetzt erwachsen sind!
Rumbek hat sich in den vergangenen Monaten weiter entwickelt. Einige
private Grundstücke mehr sind mit Bambuszäunen eingefriedet, ein Zeichen
von relativem Wohlstand und insofern erfreulich, wenn auch
Wegeverbindungen dadurch abgeschnitten werden und man Umwege in Kauf
nehmen muss.
Also,
es gibt weiterhin eine Menge Arbeit hier im Sudan. Ich mache heiter
weiter, versuche es zumindest, und hoffe auch im Sinne der Spender die
Prioritäten gut zu wählen, was manchmal nicht so einfach ist angesichts
dessen, was noch zu tun ist. Mit herzlichen Grüßen aus Rumbek, Martin Grütters
|
||||||||||||||||||||
Spendenkonto: Das Konto ist inzwischen geschlossen! Ganz herzlichen Dank noch einmal an alle, die zu den Projekten der vergangenen Jahre ihren Beitrag geleistet haben! |
||||||||||||||||||||
Die folgenden Links führen zu den weiteren Berichten: 1. Bericht aus Rumbek, 15. Mai 2005 (Die ersten Eindrücke) 2. Bericht aus Rumbek, 18. Juni 2005 (Hilfsprojekt für IDPs) 3. Bericht aus Rumbek, 21. August 2005 (Erstaunliches aus der Dinka-Kultur) 4. Bericht aus Rumbek, 20. Oktober 2005 (Über das Leben der Menschen in Rumbek) 5. Bericht aus Rumbek, 20. Dezember 2005 (Die Schule Mabor Ngap, Rumbek) 6. Bericht aus Rumbek, 05. März 2006 (Der Neubau der Schule Mabor Ngap, Rumbek) 7. Bericht aus Afrika, 28. April 2006 (Am Ende meines ersten Jahres) 9. Bericht aus Rumbek, 01. November 2006 (Fortschritte bei der Projektarbeit) 10. Bericht aus Rumbek, 04.Februar 2007 (Langsamkeit als Therapie) 11. Bericht aus Rumbek, 31. Mai 2007 (Der Abschluss des zweiten Jahres) 12. Bericht aus Rumbek, 1. Dezember 2007 (Neuanfang als Selbständiger) 13. Bericht aus Rumbek, 22. März 2007 (Volldampf an den Baustellen) 14. Bericht aus Rumbek, 26. April 2007 (Langsamkeit und Stagnation) 15. Bericht über die Arbeit in Rumbek (Am Ende des dritten Jahres) 16. Bericht aus Rumbek, 01. März 2009 (Wiedereinleben zuhause in Rumbek) 17. Bericht aus Rumbek, 04. April 2009 (Sand im Getriebe) 18. Bericht aus Rumbek, 25.Juni 2009 (noch mehr Sand im Getriebe) 19. Bericht aus Rumbek, 20. Dezember 2009 (Das Ende ist nah!) 20. Bericht aus Rumbek, 31. März 2010 (Start der letzten Runde) 21. Bericht aus Rumbek, 04. September 2010 (Auf zum letzten Gefecht) 22. Bericht aus Rumbek, 12. Dezember 2010 (Wirklich der letzte?) |