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1. Bericht aus Rumbek, 15. Mai 2005

Nun bin ich seit zwei Wochen in Afrika und 10 Tage in Rumbek. Zeit für einen ersten Zwischenbericht!

Rumbek ist ein Ort, wie ich ihn mir nicht habe vorstellen können. Über eine riesige Fläche verteilt liegen die Lehmhäuser und Hütten verstreut, teilweise in Umzäunungen aus Bambus gruppiert. Zwischen den wenigen Ruinen gemauerter Häuser steht hier und da ein Panzerwrack. Die Menschen leben hier wirklich unter allereinfachsten Bedingungen. Es wird neben Wasser dickflüssige Kuhmilch getrunken, nachdem sie mit Rinderurin gestreckt wurde, und Hirsebrei gegessen. Kein Kind hat hier ein Spielzeug, außer selbst gebasteltem wie einen durchgeschnittenen Plastikkanister an der Leine oder eine hohle Fahrradnabe an einem Drahtgestell. Aber alle sind fröhlich und sehr zugewandt. Immer winken sie mir von weitem zu, rufen „hallo, hallo“ und  „surra, surra“ (Foto, Foto) und kommen angelaufen und lachen, wenn sie sich im Display sehen. Diese Menschen, die hier so leben, tragen meist nur Lumpen, die Kinder sind vielfach nackt. Man sieht aber auch diejenigen, die sehr schöne farbige Gewänder tragen. Ich jedenfalls finde es toll hier, es ist wie ein kostenloser Abenteuerurlaub gepaart mit sinnvoller Arbeit. Es ist gerade Regenzeit und die täglichen Regengüsse bringen eine willkommene Abkühlung. Leider werden mit dem Regen bald auch die Mücken kommen und Malaria mitbringen.

Aber die angenehmen Dinge überwiegen! Die Menschen hier sind sehr freundlich und nett. Ein kleiner Junge, vielleicht 2 Jahre alt (linkes Bild), der mit seinen Eltern auf dem Nachbargrundstück lebt, hat mich schon zum Onkel gemacht. Vorgestern wollte er partout nur essen, wenn ich dabei saß, und brüllte, als ihn seine Mutter dann zum schlafen mitnahm. Und das obwohl er sonst vor allen Fremden Angst hat, wie der Vater sagte,  besonders vor den Weißen, weil er denkt, sie essen ihn auf. Die schwarzen Kinder haben ebenso Angst vor dem weißen Mann, wie umgekehrt weiße Kinder vor einem schwarzen!

Was die Jesuiten betrifft, so muss ich sagen, dass ich mich bei ihnen sehr wohl fühle, abgesehen davon, dass zu häufig Gottesdienst gefeiert wird. Jeder Tag beginnt hiermit, manchmal folgt auf eine Abendmesse morgens die Morgenandacht und der Sonntagsgottesdienst in der Kirche der Diözese dauert min. zwei Stunden. So viel des Guten bin ich nicht gewohnt! Aber die Jesuitenbrüder verdienen Respekt! Sie sind wirklich sehr genügsam. Es wird nur von Plastikgeschirr gegessen, die Räume haben den Standard  ausgebauter Garagen und die Sanitäranlagen sind die von Campingplätzen. Und man lebt locker mit der Gefahr von Malaria und anderen Risiken wie Skorpionstich (heute hatte ich den ersten Vertreter im Zimmer!).

Und es lauern weitere nicht zu unterschätzende Gefahren! Auf der kürzlich neu gebauten Piste, jetzt die Schnellstraße im Ort neben all den Trampelpfaden, sind schon einige Fußgänger zu Tode gefahren worden, weil die Menschen hier diese Geschwindigkeiten nicht gewohnt sind (die Rede ist von 30-40 km/h). Aber am schlimmsten ist es, wenn man versehentlich eine Ziege oder gar ein Rind anfährt! Erst gestern wurde beim Security-Meeting bei der UN berichtet, dass in dieser Woche in einem solchen Fall der Fahrer von dem wütenden Mob fast gelyncht wurde! Da sind die Dinka wie andere afrikanische Stämme absolut irrational und unkontrolliert. In einem anderen Fall, als bei einem Unfall jemand  tödlich verunglückte, ist noch vor dem Polizeigebäude, ohne dass der Fall untersucht oder geklärt worden wäre, der Fahrer von einem Verwandten des Toten  erschossen worden.
Aber ich fahre ja nur Fahrrad! Gleich am ersten Tag habe ich eines bekommen, Marke Phoenix! Alles in allem fühle ich mich wirklich wohl hier. Vieles ist so, wie ich es von den Radtouren in Südamerika kenne, jedoch komfortabler! Denn ich muss nicht einkaufen, nicht kochen, nicht spülen, all’ das erledigen Deborah und Grace. Heute hat mir Alfred, der Schreiner, den die Jesuiten hier unterstützen,  meinen Zeichentisch fertig gestellt, den ich auch gut gebrauchen kann. Neben einigen Kleinigkeiten soll ich tatsächlich für die Diözese von Rumbek eine neue Kathedrale bauen. Das hat man mir nach der 2,5-stündigen Marathonmesse am Sonntag gesagt. Der Bischof ist ja Italiener und über meinen Aufenthalt auch unterrichtet. Jetzt muss ich mir nur noch eine Zeichenschiene anfertigen.

Vor einigen Tagen habe ich Kontakt zu einer Schule aufgenommen, die 1999 für ehemalige Kindersoldaten eingerichtet wurde. Ich habe ihnen einen Fußball gegeben, den ich aus Deutschland mitgebracht hatte. Es gibt an der Schule nur einen alten Fußball, mit dem auch Volleyball gespielt wird, und einen Basketball, keine Fußballtore, geschweige denn Netze. Nun werde ich unsere Bundesliga-Vereine anschreiben, um mit Sachspenden hier Abhilfe zu schaffen. Zur Ermunterung habe ich vom ZDF (mit dem zweiten sieht man besser!) die Musik vom Aktuellen Sportstudio als Datei per E-Mail erhalten! Und ich habe die Hoffnung, dass, wenn demnächst wieder ein deutsches Fernsehteam kommt, hier schon die Flagge eines Bundesliga-Vereins weht!

Soweit der erste Zwischenbericht. Bis zum nächsten alles Gute und ein herzliches Dankeschön an alle, die schon etwas gespendet haben!

Aus Rumbek, Martin Grütters

 

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Die folgenden Links führen zu den weiteren Berichten:

2. Bericht aus Rumbek, 18. Juni 2005 (Hilfsprojekt für IDPs)

3. Bericht aus Rumbek, 21. August 2005 (Erstaunliches aus der Dinka-Kultur)

4. Bericht aus Rumbek, 20. Oktober 2005 (Über das Leben der Menschen  in Rumbek)

5. Bericht aus Rumbek, 20. Dezember 2005 (Die Schule Mabor Ngap, Rumbek)

6. Bericht aus Rumbek, 05. März 2006 (Der Neubau der Schule Mabor Ngap, Rumbek)

7. Bericht aus Afrika, 28. April 2006 (Am Ende meines ersten Jahres)

8. Bericht aus Rumbek, 10. September 2006 (Nach dem Aufenthalt in Deutschland)

9. Bericht aus Rumbek, 01. November 2006 (Fortschritte bei der Projektarbeit)

10. Bericht aus Rumbek, 04.Februar 2007 (Langsamkeit als Therapie)

11. Bericht aus Rumbek, 31. Mai 2007 (Der Abschluss des zweiten Jahres)

12. Bericht aus Rumbek, 1. Dezember 2007 (Neuanfang als Selbständiger)

13. Bericht aus Rumbek, 22. März 2008 (Volldampf an den Baustellen)

14. Bericht aus Rumbek, 26. April 2007 (Langsamkeit und Stagnation)

15. Bericht über die Arbeit in Rumbek (Am Ende des dritten Jahres)

16. Bericht aus Rumbek, 01. März 2009 (Wiedereinleben zuhause in Rumbek)

17. Bericht aus Rumbek, 04. April 2009  (Sand im Getriebe)

18. Bericht aus Rumbek, 25.Juni 2009  (noch mehr Sand im Getriebe)

19. Bericht aus Rumbek, 20. Dezember 2009 (Das Ende ist nah!)

20. Bericht aus Rumbek, 31. März 2010  (Start der letzten Runde)

21. Bericht aus Rumbek, 04. September 2010 (Auf zum letzten Gefecht)

22. Bericht aus Rumbek, 12. Dezember 2010 (Wirklich der letzte?)

Der letzte Bericht (Ende gut, alles gut!)